wer lacht, auch wenn es zum heulen ist, gewinnt…

Hanna Scotti: www.schicksal.komm – Lyrikdebüt
rezensiert von Sylvia Tornau

Mit www.schicksal.komm legt die Bremer Autorin und Clownin Hanna Scotti ein Lyrikdebüt vor, in dem sie dem Leben tief in den Rachen schaut und sich vor Nichts und keinem Thema zu fürchten scheint. Da schreibt eine, die sich hineinwagt ins pralle Leben, welches nicht nur Sonne und Jugend und Liebe bereithält, sondern auch seine Schattenseiten ganz selbstverständlich über uns ausbreitet. Da schreibt eine, die furchtlos und mit schnellem Griffel die Themen Alter und Tod skizziert, mal skuril, mal nachdenklich, mal lachend, immer aber mit Würde und dem Leben genau ins Antlitz geschaut. Mal schreibt die Autorin ganz poetisch wie in „Neugeboren“ und „Altern“, mal überraschend wahr wie in „Grossmutter Geburt“, mal humorvoll frech wie in „Boxenstopp“. Allen Gedichten zugrunde liegt die Wahrhaftigkeit gelebten Lebens und der Mut zur leichtfüßigen Auseinandersetzung, auch mit schweren Themen. So z.B. in „Der Brief“.
Dieses Gedicht beschreibt in drei Strophen zu jeweils vier Zeilen einen sechsundfünfzig Jahre währenden Mutter-Tochter-Konflikt, der tabuisiert wird mit „Zärtlichkeit und Schweigen“. Es gelingt der  Autorin in wenigen Zeilen, diese gemeinsamen und doch trennenden 56 Jahre zu umreißen und die Schwere des Trennenden in der Versöhnlichkeit gelebten Miteinanders berührend nachvollziehbar zu machen. Dabei verzichtet das Gedicht gänzlich auf einseitiges Verständnisheischen. Das Ergebnis ist ein Text der hoffen lässt, dass sowohl Mutter als auch Tochter das Kämpfen nun endlich sein lassen können und wir Lesenden die eigenen Konflikte vielleicht noch einmal aus anderer Warte betrachten.
Ganz anders in Form und Sprache ist das Gedicht „Georg Kreisler zu Ehren“. In diesem ist die Rede von zwei „alten Tanten“ die offensichtlich mit viel Vergnügen
„tanzen Tango
mitten in der Nacht“.
Bei diesem Gedicht weckt die Autorin den Eindruck, als könne die Leserin das späte Erwachen in der Selbstermächtigung zweier Frauen, hautnah miterleben. Das mephistolische oder wohl eher das kreislerische Vergnügen, welches die Akteurinnen empfinden, dieses tiefe, knurrende Lachen der Lebenslust, welches den Schmerz und die Trauer des angepassten Selbstverzichts in das Dunkel der Nacht verabschiedet, überträgt sich auf die Leserin. Diese hängt während des Lesens grinsend über dem Gedicht und in ihrem Hinterkopf steigt, von weit her, die Melodie der vergifteten Tauben auf. Und ganz plötzlich verliert sich die Angst der Leserin vor dem Altern auf den Seiten eines kleinen Lyrikbändchens.
Danke auch dafür, Hanna Scotti.

Hanna Scotti: www.schicksal.komm; Anton G. Leitner Verlag; 66 Seiten, 12,80 €

Hinterlasse einen Kommentar

Hallo, ich bin Sylvia

systemische Therapeutin, Trauma-Coach und Bloggerin. Seit über 20 Jahren arbeite ich mit Paaren, Familien und Einzelpersonen daran, negative Kindheitsprägungen und frühe Traumata zu lösen und ein Leben voller Selbstvertrauen, inneren Frieden und emotionaler Stabilität zu führen.
Für ein erfülltes Leben in Verbundenheit.

Quietschfidel Wolken schaufeln
Mein Motto des Jahres 2024

Blogartikel mit Haltung

Frisch gebloggt:

LUST AUF MEHR?

TRAGE DICH EIN UND ERHALTE MEINEN NEWSLETTER MIT NEUEN BEITRÄGEN, ZITATEN, TIPPS FÜR SELBSTLIEBE & LEBENSFREUDE.

Ich sende keinen Spam! Erfahre mehr in meiner Datenschutzerklärung.

Warte nicht länger auf ein Zeichen

Abonniere meinen Newsletter für deine wöchentliche Portion Inspiration für (Über-)Lebenskünstler:innen.

Ich sende keinen Spam! Erfahre mehr in meiner Datenschutzerklärung.