Vom Leben an anderen Orten

Rezension zu Electronic Harem. Erzählungen von Jutta Weber-Bock 

Electronic Harem

Erzählungen von Jutta Weber-Bock 

Manche der Erzählungen von Jutta Weber-Bock lesen sich wie die Beschreibungen der Suche nach einem authentischen und guten Lebensgefühl. Untermalt wird die Suche, durch das Neu- und Wiederentdecken mittels Landschafts- und Lebensmittelgenuss (Feigenküsse). Andere Erzählungen wirken wie Splitter aus dem Gesamtbild Leben: das heute geprägt vom gestern, angenommen ohne Schuld und Scham (Italienische Verhältnisse, Schwedische Socken). Das bedeutet es, wirklich etwas vom Vergangenen gelernt zu haben.

Darum geht es

Grob gefasst geht es in diesen Erzählungen um das Reisen, das Lieben, das Laufen. Es geht um Lebendigkeit, darum dem Leben mehr oder etwas anderes als das Bisherige abzugewinnen, das Leben herausfordern. Das Lesen dieses Buches verführt zum Abtauchen in das (Liebes-)Leben anderer Seelen und jede dieser Geschichten hallt in der eigenen Seele nach.

Die Schreibart der Autorin Jutta Weber-Bock

Jutta Weber-Bock ist eine Autorin, die sich inspirieren lässt von allem Lebendigen. Von Genüssen, von Landschaften, von Bedürfnissen und die den verschlungenen, manchmal verworrenen Wegen der Liebe folgt. Sie ist eine, die hinschaut und das tut, was eine Autorin im besten Sinne tun sollte: Sie erzählt. Ohne moralischen Zeigefinger, ohne Wertung. Sie überlässt es der Leserin eigene Schlüsse zu ziehen und sie zeigt mit ihren Erzählungen ein wahres Prisma an Beziehungsmöglichkeiten und –Unmöglichkeiten. Dabei ist der Tod manchmal die fast logische Konsequenz einer Dreiecksgeschichte (Der letzte Krokus). Dann wieder treffen zwei Frauen das Agreement, sich einen Mann zu teilen (Das grüne Jackett).

Dabei scheint für die Autorin das gewählte Genre (Miniatur, Krimi, Fantasie, Kurzgeschichte) der einzelnen Erzählung, das jeweils geeignete Transportmittel für die Transformation der Inhalte in Stimmung/Gefühl zu sein. Da gibt es bspw. ein zuwendungsbedürftiges Haus, dessen großes Geheimnis aufgedeckt wird und das am Ende beruhigt und befreit aufatmen kann (Das Brunnenhaus).

Marion

In mehreren Erzählungen gibt es die Protagonistin Marion. Aufgerieben zwischen Hoffen und Bangen bleibt sie sich treu, auch wenn sie dafür vor allem eines tun muss: Laufen. Laufen um das Leben zusammenzuhalten, Laufen um sich am Leben zu halten und Laufen um etwas zu spüren. Zu spüren, dass sie noch mit beiden Beinen auf dem Boden verhaftet ist, auch wenn das Liebesleben längst die elektronischen Flure moderner Kommunikationsmittel entlang hastet (Laufen Leben).

Mein Fazit

Die Erzählungen von Jutta Weber-Bock entführen teilweise an Traumorte, vorzugsweise mit Mittelmeerflair. Manchmal entführen sie aber auch in den Kopf einer Protagonistin. Eines aber ist all diesen Erzählungen gemein: Aus allen klingt die grummelnde, summende, rauschende Sehnsucht nach Liebe in all ihren Formen, Selbstliebe eingeschlossen. Was diese Erzählungen zusammenhält und sie zu etwas Besonderem macht, ist die große Achtung vor allem Sein. Dem Dasein, Hiersein, So-sein und der allem Lebendigen immanenten Suche nach dem Anderssein, besser sein, wieder gut sein. Am Ende ist es manchmal auch nur das überaus wertvolle Mit-sich-selbst-versöhnt-sein.

Ein leises, ein berührendes Buch für sehnsuchtsvolle Herbstabende bei Kerzenschein und Rotwein.

Jutta Weber-Bock: Electronic Harem. Erzählungen. Schweikert Bonn Verlag. 160 S., 12 €

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Hallo, ich bin Sylvia

systemische Therapeutin, Trauma-Coach und Bloggerin. Seit über 20 Jahren arbeite ich mit Paaren, Familien und Einzelpersonen daran, negative Kindheitsprägungen und frühe Traumata zu lösen und ein Leben voller Selbstvertrauen, inneren Frieden und emotionaler Stabilität zu führen.
Für ein erfülltes Leben in Verbundenheit.

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